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Naturnahe Trends außerhalb der Friedhofsmauern

Flüchtig sind der Menschen Tage. Und dann? An einen Baum im Wald? Oder doch lieber auf die Ostsee? Fragen, die sich immer mehr Menschen stellen. Besonders Naturbestattungen erlangen immer mehr Bekanntheit und erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.

Bis vor gut zehn Jahren war der Friedhof (bis auf wenige Ausnahmen) der einzige Ort, auf dem die Toten oder ihre Aschereste beigesetzt wurden. Auch heute noch stellen Friedhöfe die wichtigsten Begräbnisplätze dar – rund 90 % der Deutschen werden auf klassischen Friedhöfen beigesetzt. Doch seit es immer mehr „alternative“ Bestattungsformen gibt, hat der Friedhof seine unumschränkte Monopolstellung eingebüßt:

Es kamen Beisetzungsformen auf, die außerhalb der herkömmlichen Friedhofsgrenzen stattfanden. Allgemein bekannt sind die Naturbestattungen, zu denen die Waldbestattung und auch die Seebestattung zählen.

Erinnerungskultur in der Natur

Seit der Jahrtausendwende lassen sich immer mehr Beisetzungen in Waldgebieten verzeichnen. 2001 entstanden hierzulande die ersten Friedwälder, gefolgt von Ruheforsten und anderen Waldarealen oder Parks, in denen Urnen beigesetzt werden.

Mittlerweile werden insgesamt etwa 2% aller Verstorbenen in der freien Natur bestattet. Ein bekanntes Beispiel in der Kategorie der Naturbestattungen in der freien Landschaft ist die Baumbestattung in entsprechenden Wäldern. Das Leitbild der Betreiberfirmen von Waldbestattungen mit Markennamen wie FriedWald® oder RuheForst® ist die Natürlichkeit, die keine Grenzen, Mauern oder dergleichen kennt. Der Baum und sein Wurzelwerk in einem (möglichst) naturbelassen Raum ist damit Grabzeichen und Grabstätte zugleich.

Die als solche belassene Umgebung des Waldes soll weitgehend erhalten bleiben und die Bestattungsplätze nur bei genauerem Hinsehen sichtbar sein. Während in der Anfangszeit der Bestattungswälder vornehmlich Nummern als Orientierungszeichen dienten, sieht man heutzutage immer häufiger auch (individuelle) Namensschilder oder -plaketten als Zeichen von Trauer, Erinnerung und Gedächtniskultur.

Anfänglich ließ sich die Baumbestattung mit den Bestattungsgesetzen der einzelnen Bundesländer nicht vereinbaren. Diese wurden jedoch allmählich entsprechend angeglichen und gelockert, sodass mittlerweile auch kommunale und kirchliche Friedhöfe Flächen für Baumbestattungen anbieten. Ein bekanntes Beispiel hierfür stellt ein Teil des Friedhofs Ohlsdorf in Hamburg als „Ruhewald“ dar. Dort kann der Bestattungsbaum auch als Ablageort für persönliche Erinnerungen oder Symbole genutzt werden.

Jenseits des Friedhofs: Über Seebestattungen

Die Beisetzung auf hoher See war ursprünglich eine hygienisch begründete Art der „Notbestattung“ für Menschen, die an Bord eines Schiffs verstorben waren. Zeitgleich mit dem Aufkommen der anonymen Bestattung erfuhr die Seebestattung ab den 1970er Jahren immer größere Akzeptanz. Seither wird sie mit kontinuierlich ansteigenden Zahlen praktiziert, kommerziell durchgeführt und hat damit neue sepulkrale Orte geschaffen.

Das Aufkommen liegt derzeit bei ca. 1%, wobei genaue Auskünfte in der Zukunft noch zu erwarten sind. Heute ist sie eine besondere Form der Natur- als auch der anonymen Bestattung. Regulär geht ihr eine Einäscherung in einem Krematorium voraus – gefolgt von der Beisetzung einer mit Sand oder Kies beschwerten, wasserlöslichen oder gar biologisch abbaubaren Urne auf hoher See.

Die Versenkung der Urne erfolgt hierzulande vornehmlich in ausgewiesenen Gebieten der Nord- und Ostseeküste. Die Seebestattung bedingt zwar eine Entbindung vom Friedhofszwang und bedarf damit einer behördlichen Genehmigung. Doch seit den frühen 2000er Jahren sind auch diese Reglementierungen faktisch novelliert worden.

Die Vielfalt von Bestattungsarten und die Dynamik der Bestattungswünsche hat in Deutschland in den letzten beiden Dekaden deutlich zugenommen – die Naturbestattungen sind nur ein Beispiel für diese Entwicklung. Festzuhalten bleibt, dass der Friedhof durch andere Erinnerungsorte und -konzepte Konkurrenz bekommen hat. Unser Umgang mit den Toten spiegelt damit auch die gesellschaftlichen Wandlungs- und Entwicklungsprozesse des 21. Jahrhunderts wider.

Stephanie Tamm

Foto: Pixabay

Quellen:

Fischer, N. (2016): Der entfesselte Friedhof. Über die Zukunft von Bestattungs- und Erinnerungsorten. In: Benkel, T. (Hg.): Die Zukunft des Todes. Heterotopien des Todes. Bielefeld, transcript, 263-281.

https://www.feinschwarz.net/friedhof-der-zukunft/

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